Dem Besucher der Stadt Vacha wird kaum das stattliche dreigeschossige Fachwerkgebäude mit seinem schönen Erker entgehen, welches neben anderen meist in hessischer Bauart errichteten Häusern auf dem Markt steht.
Je mehr man das bauliche Schmuckstück bewundert, desto mehr muss man auch den architektonischen Geschmack seines Bauherren, des Obristen und landgräflich-hessischen Amtmannes Caspar von Widmarckter schätzen, der dieses Bauwerk schaffen ließ. Widmarckter entschied sich für den regionalen Baustil eines heimischen Meisters, der ab 1600 in Hersfeld und Umgebung mit einigen schmucken Bauten dieses Stils hervorgetreten war; er erwählte zum ausführenden Baumeister den Hersfelder Zimmermann Hans Weber. So entstand in den Jahren 1613/14, kurz vor Ausbruch des unseligen 30-jährigen Krieges, die Widmarckt, begrüßt von dem Plätschern des Vitusbrunnen (ebenfalls von 1613) und ausblickend auf den Markt, der damals durch eine Häuserzeile mit dem Kaufhaus auf der Marktinsel begrenzt war.
Das Rathaus repräsentiert sich in seinem Äußeren und Inneren in einer Weise, die bei dem Besucher Freude und Bewunderung hervorruft. Schon von weitem fällt das stolze Fachwerkgebäude mit seinem steinernen Unterbau und dem Turm in die Augen. Auffallend ist vor allem der Erker, unter dem sich die Inschrift „Zu rechter Zeit der Regen“ befindet.
Bewegte Zeiten sind an dem Gebäude vorübergezogen. Es diente bedeutenden Persönlichkeiten aus aller Herren Länder des Öfteren als Quartier und beherbergte in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1813 den stolzen, nach der Weltherrschaft strebenden Kaiser Napoleon, auf seinem Rückzug von der Deutschland befreienden Völkerschlacht bei Leipzig.
Die Widmarckt wechselte mehrfach den Besitzer und war zuletzt bis 1909 Eigentum des landgräflichen Hauses in Philippsthal.
Am 25. September 1909 wurde die Widmarckt nebst dem zugehörigen Gut durch die Stadt Vacha gekauft. Der Kaufpreis betrug einschließlich der Abfindung für den abziehenden Pächter 245.000 Mark. Zwecks Verwendung als Rathaus wurden alsbald einige Umbauten vorgenommen. Die Bauunternehmer Gebrüder Groß errichteten in der Weingasse einen Anbau an die Widmarckt.
Möge die Stadtverwaltung in diesem Hause eine gerechte sein, mögen Gemeindebehörden und Bürgerschaft durch Einigkeit im Rathaus verbunden sein, mögen die in den Räumen gefassten Beschlüsse stets von Segen begleitet sein, mögen die Bürger und Gäste in diesem Lokal dem „Ratskeller“ nach der Arbeit Erholung finden und möge dieses altehrwürdige Haus erhalten bleiben für alle Zeit.